Die Staatliche Universität Voronezh zählt zu den renommierten Hochschulen
Russlands, die für hervorragende Leistungen in Forschung und Lehre bekannt sind. Die Universität unterhält zahlreiche langjährige
Beziehungen zu traditionsreichen russischen Universitäten sowie zu international
anerkannten Hochschulen in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Spanien,
Italien, den USA und anderen Ländern. Seit mehreren Jahrzehnten ist die
VSU wegen ihrer anspruchsvollen und erfolgversprechenden Ausbildungs-
und Arbeitsmöglichkeiten ein Anziehungspunkt für junge Menschen sowohl
in der Stadt Voronezh als auch in den anderen Gebieten Zentralrusslands.
Die im Jahre 1584 gegründete Stadt Voronezh, die von Moskau aus mit dem
Nachtzug oder per Flugzeug zu erreichen ist, ist eine attraktive, in einer
schönen Umgebung gelegene und sich dynamisch entwickelnde Millionenstadt.
Die Staatliche Universität Woronesch besteht als eigenständige Lehreinrichtung
seit 1918 und ist mit einer der ältesten russischen Universitäten, der
1802 vom russischen Zaren Alexander I. 1802 gegründeten Universität Jurjew
(bis 1893 Derpt, seit 1919 Tartu, Estland), eng verwandt. Die russischen
Professoren und Studenten der Universität Jurjew fassten gegen Ende des
Ersten Weltkrieges den Beschluss, den Lehrbetrieb in der durch nahende
Kriegshandlungen bedrohten Region einzustellen und ihn in einer im Herzen
Russlands gelegenen Stadt wieder aufzunehmen. Die Leitung der Universität
Jurjew appellierte in der Vorahnung einer eventuellen deutschen Offensive
und der Besetzung der Region durch die deutschen Truppen an die russische
Öffentlichkeit, die russische Universität aufzunehmen. Auf das Telegramm
der Jurjewer Professoren reagierten die Stadtväter Voronezhs schon am
nächsten Tag mit der Einladung, nach Voronezh zu kommen. So zogen im September
1918 39 Professoren, 45 Dozenten und 43 Assistenten zusammen mit etwa
800 Studenten mit einem speziellen Zug aus Jurjew nach Voronezh, das sich
bereits seit mehreren Jahren um die Gründung einer Hochschule bemüht hatte.
Die erste Vorlesung fand am 12. November 1918 statt. Anfang 1919 betrug
die Zahl der an der Universität Studierenden bereits 10 000. Immatrikuliert
wurden alle, die den Wunsch hatten zu studieren. Viele von ihnen hatten
keine Vorstellung, wie schwer das Studium an einer Universität sein kann.
Während des Bürgerkrieges stand die Universität vor zahlreichen Problemen.
Eine der Ursachen war der große Zustrom von Studierenden mit unterschiedlichem
Kenntnis- und Leistungsstand. Erst 1923 wurden Aufnahmeprüfungen eingeführt.
Im August 1920 wurde zum ersten Mal Arbeiterkindern ein Vorbereitungskurs
geboten, damit sich die VertreterInnen der Arbeiterklasse auf das Studium
an der Universität vorbereiten konnten.
Im Juni 1941 hatte die Universität bereits 6 Fakultäten, 40 Lehrstühle,
4 Museen, eine Bibliothek, 3 Forschungszentren und eine Druckerei. 32 habilitierte Professoren und 55 promovierte Lehrkräfte waren an der Universität
tätig. An der Universität gab es 2500 Direktstudenten und 1 786 Studenten
im Abendstudium.
Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde mehr als die Hälfte der Mitarbeiter
zum Militärdienst einberufen. Die herannahenden Kriegshandlungen machten
es notwendig, die Universität nach Elabuga in Tatarstan zu verlagern.
Die Evakuation der Universität begann 1942, 1943 war die Stadt im Krieg
bereits zu 80% zerstört.
Im August 1943 kehrte die Universität in die Stadt zurück. Das war ein
schwieriger und langwieriger Prozess, denn alle Universitätsgebäude und
Studentenwohnheime waren völlig zerstört, die Bücherbestände und die Ausstattung
geplündert. Die meisten Fakultäten waren vorübergehend in Lipezk, 200 Kilometer von Voronezh entfernt, untergebracht. Die Fakultät für Chemie
und die Biologiestudenten im ersten Semester begannen den Unterricht im
halb zerstörten Gebäude der Universität. Erst im September 1944 kehrte
die Universität endgültig in die Stadt zurück. Der Unterricht wurde unter
sehr schweren Umständen wieder aufgenommen. Inzwischen waren die VoronezherInnen
aktiv mit dem Wiederaufbau der Stadt tätig.
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